L O M B A R D I S C H E V E R S A L I E N
Lombarden sind aus der Unziale hergeleitete Versalien, die in allen gotischen Schriftarten als Initialen verwendet wurden. Von kaum bis wenig größer als die eigentliche Texthöhe, einfarbig gestaltet und verstreut im Textblock, bis hin zu aufwändig gestalteten und ausgemalten Schmuckinitialen, waren alle Stufen der Kunst vertreten; das hierfür aus der Schrift ausgesparte Feld war fast immer quadratisch.
Einfache Lombarden wurden in wenigen Schritten gezeichnet und direkt mit der Feder ausgemalt. Viele Buchstaben lassen sich direkt aus einem Oval aufbauen, ohne Vorzeichnung durch Bleistiftstriche, dann direkt mit derselben Feder ausfüllen und vervollständigen. Die gängigen Farben hierbei waren Zinnober und als Blauton Azurit.
Im Unterschied zu gotischen Versalien sind die Lombarden sind auch geeignet, ganze Wörter oder Textzeilen zu schreiben.
Bei aufwändigeren Initialen ist der Buchstabenkörper oftmals auch zweifarbig geteilt; verbleibende Flächen im Quadrat sind vergoldet („Der göttliche Hintergrund von allem“) oder mit anderen Farben ausgemalt. (Erst in der Renaissance wird der Buchstabe selber vergoldet! Jetzt steht der Mensch im strahlenden Zentrum.) Je nach vorhandenem Platz wird ein knollenförmiger Abschluss, der über das Quadrat hinausragt, auch als gewundenes Rankenwerk der Textspalte entlang weitergeführt
Eine besondere Verzierung dieser Initialen ist das „Fleuronnée“ genannte feine Rankenwerk aus feinen zumeist roten (oder auch blauen) Linien, die teilweise die Buchstabengröße weit überragen und die Seitenhöhe ganz durchmessen können.